Reizüberflutung

Bis 100.000 Reize strömen in jeder Sekunde auf Dich ein. Lass es Dir das gerne nochmal auf der Zunge zergehen: bis zu 100.000 Reize pro Sekunde. Wie Du Dir wahrscheinlich denken kannst, ist Dein Bewusstsein überhaupt nicht in der Lage, so viele Reize zu verarbeiten. Ein Großteil dieser Reize wird direkt in Dein Unterbewusstsein geschleust und zunächst nicht weiterverwendet. Es sei denn, der Reiz taucht wieder und wieder auf. Dann wird er als wichtig empfunden.

Diese 100.000 Reize kommen von überall her: aus Deinem nächsten Umfeld wie Deinen Kindern, Deinem Partner, Deinen Freunden, Nachbarn, Kollegen und natürlich allen Menschen, denen Du begegnest. Auf der Straße, in Geschäften, Arztpraxen… Alle Menschen um Dich herum, bewusst oder unbewusst, erzählen Dir, was Du haben solltest, kaufen solltest oder sie für begehrenswert halten. Oft ist es gar nicht identisch mit dem, was Du eigentlich gerne haben möchtest, aber alle diese Informationen sickern ganz nebenbei in Dein Unterbewusstsein und werden dort zu Konfliktpotenzial zwischen Deinen eigenen Wünschen und denen von außen.

Und genau dies machen sich auch Firmen zu Nutze. Besonders große Firmen wie Disney, Coca Cola oder Apple investieren Milliarden in Marketing und zwar ganz gezielt in psychologisches Marketing. Wir alle wissen das, aber es ist noch viel extremer als uns das bewusst ist. Diese riesige Industrie kämpft um Deine Träume, Wünsche und Begierden und das auf Basis Deines Unterbewusstseins.

Gerade die Sozialen Medien bieten sich hier heute an. Alle Anzeigen, die Du dort siehst, sind speziell für Dich angepasst. Zum Beispiel an eine Frau zwischen 45 und 50, die Katzen und Gabby Bernstein mag, braune Haare hat und Single ist. So genau können Firmen definieren, wer ihre Anzeigen sieht. Und Du denkst vielleicht, das sieht doch jeder, aber dem ist nicht so. Die Anzeigen, die Du dort siehst, sehen andere nur, wenn sie auch der Zielgruppe entsprechen.

Du bist überall von Werbung umgeben und diese arbeitet ebenso mit Wiederholungen. Wenn Du eine Werbung einmal siehst, hat es vielleicht einen kleinen Einfluss auf Dich, aber es ist die ständige Wiederholung, die letztendlich eine von außen ausgelöste Begierde in Dein Bewusstsein holt.

Ein anderes Beispiel sind z.B. die Duftsprays, die die Lebensmittelindustrie verwendet. In Supermärkten, auf der Straße oder in Vergnügungsparks. Der Umsatz eines Produktes steigert sich um bis zu 30%, wenn 5-10 Meter zuvor ein Duftspray mit dem entsprechenden Duft zum Einsatz kam. Wenn Du zum Beispiel den Duft von frischgebackenen Kuchen riechst und 10 Meter weiter auf der anderen Seite eine Bäckerei kommt, ist die Chance um ein Vielfaches höher, dass Du dort etwas kaufst.

Ein ebenso wichtiger Einflussfaktor ist auch das Zugehörigkeitsgefühl. Die absolut einzig mögliche Turnschuhmarke als Teenager, das Auto in den Zwanzigern, die Handtasche, der bestimmte Urlaubsort, den „alle“ Freunde bereits besucht haben.

In den 50er Jahren suchte die Tabakindustrie in den USA nach einer Möglichkeit, Frauen als neue Kundschaft für sich zu gewinnen. In dieser Zeit gab es hauptsächlich männliche Kunden und Rauchen galt als verpönt unter Frauen. Mehrere Psychologen beobachteten den Markt und entwickelten eine perfide Kampagne, um den Umsatz zu erhöhen. Damals war das Bedürfnis nach Gleichberechtigung und Selbstbestimmung oder Freiheit unter der weiblichen Bevölkerung besonders groß. Sie schickten Schauspielerinnen landesweit auf alle Thanksgiving Paraden und befestigten Zigaretten an deren Oberschenkeln. Während der Parade lüfteten die Schauspielerinnen die Röcke, holten die Zigaretten hervor, steckten sie an und riefen lautstark „Freiheit“. Es entstand ein großer Skandal, der zusätzlich fleißtig über die Presse verbreitet wurde. Der Umsatz von Zigaretten in der weiblichen Bevölkerung stieg drastisch. Und die Tabakindustrie konnte eine ihrer erfolgreichsten Kampagnen überhaupt verbuchen. Einfach nur in dem sie den Zusammenhang zwischen Freiheit, Rebellion und Rauchen herstellten.